Hitzeschlacht mit Schattenseiten

67 km

3:40:00

Die Etappe von Venedig nach Latisana gestaltete sich nicht so einfach. Zunächst gab’s mal kein Frühstück, weil unser B&B zwar ein hervorragendes Zmorgenbuffet anbietet, aber eben erst ab 08.30 Uhr. Zu spät für uns. Immerhin stellte uns das B&B zwei italienische Lunch-Päckli zur Verfügung. Einmal Brot mit Schoggi und einmal Schoggi mit Brot. Und dazu ein Fruchtsaft. Mit diesem zusätzlichen Gepäck machen wir schon vor sieben Uhr auf zum ersten Vaporetto No. 6 Richtung Piazzale Roma. Dort einmal um den Block zum Bici-Park, wo wir unsere Räder auslösten. Dann durch den Morgenverkehr zum Tronchetto, wo die Fähre zur Einfahrt bereit stand. Nach einer längeren Überfahrt (viel länger als mit dem Vaporetto, aber die nehmen keine Räder mit) Landung im Lido. Von da mit dem Fahrrad zum Vaporetto-Hafen im Lido, dort eine halbe Stunde warten und dann mit einem etwas grösseren Moto-Nave nach Punta Sabbioni. Als wir nun endlich starten konnten, hatte das Thermometer die 30-Grad-Marke bereits überschritten.


Auf den knapp 70 Kilometern nach Latisana zeigte Bici-Italia gleich drei hässliche Seiten: Zunächst mal die Radwege. Nach dem Komfort, den wir im Südtirol zwischen Glurns und Bassano del Grappa erlebt hatten, sind die Radwege in Venetien schlichtweg eine Frechheit. Statt die Radfahrer sicher auf einer guten Piste von A nach B zu bringen, hat man hier einfach auf die ehemaligen Trottoirs ein paar Rad-Zeichen auf den Boden gemalt und bei jeder Hauseinfahrt ein Ende-Radwegzeichen und zwei Meter weiter ein Beginn-Radwegzeichen aufgestellt – mitten im Radweg. Die spinnen, die Italos!


Das zweite Ärgernis waren die Radwege durch die Touri-Metropolen, zum Beispiel Jesolo Lido. Da kommt man an den Millionen von Rüdigern und Steffis (von den Schweizern gar nicht zu sprechen) bestenfalls im Schritttempo voran und muss alle paar Meter mit einem radfahrenden Handy-Zombie rechnen, der vor lauter Selfie allen Gegenverkehr ignoriert und dann noch was zu meckern hat, wenn er nach einem Fast-Crash fast vom Rad fällt.


Das dritte Ärgernis sind dann die Landstrassen ohne Radwege oder Radstreifen. Wenn da eine Höchstgeschwindigkeit von 70 oder gar 90 angegeben ist, dann bedeutet das für den Italiener generell 120. Für die teutonischen SUV-Fahrer tendenziell 140, die haben ja zuhause kein Tempolimit – und im Ausland schon gar nicht. Wenn so ein Hirni 50 cm neben dem Rad vorbeizischt, dann gibt’s einen schönen Sog, allerdings nicht nach vorne, sondern eben zur Strassemitte. Klar, dass der nächste Hirni dann was zu hupen hat.


Aber eben: Bei gefühlten über 40 Grad Temperatur gibt es auf dem Rad nur eines: Cool bleiben. Mit Cool Towels, aber auch im Kopf. So gleichmässig wie möglich fahren, jeden Meter Schatten geniessen. 


Und dann endlich, etwa um 14 Uhr: An der Strasse das Restaurant «Rotonda». Schöne Holzbänke im Schatten unter Pinien. Ein Barkeeper, eine Bedienung, ein einziger Gast an einem der vielleicht 40 Tische. Als wir erklären, dass wir am Verdursten sind, aber jetzt nichts essen wollen, werden wir weggewiesen. «Nur Essen.» Da kommt einem die Galle hoch. Faules Pack. Lebt nur von EU-Subventionen. Ich werde mir das Restaurant im TripAdvisor noch vornehmen und mit schlechten Rezensionen zumüllen. Wird zwar auch nichts nützen, denn weniger als keine Kunden können ja auch nicht kommen.


In Latisana dann die Erlösung. Bier, Gelateria, Dusche. Und Vorfreude auf den Abend. Unser Restaurant (im Hotel) hat gemäss Kulinarik-Chefin Sabine gute Rezensionen.


Für den Navi-Dog gibt’s jetzt nur noch Moretti Zero. Er sieht dann zwar etwas traurig aus, aber wenigstens kein Torkeln und keine Kopfschmerzen danach…

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